Aus einer Laune heraus, nach einem netten gemeinsamen Abendessen im Frühsommer, beschlossen acht Menschen, die nicht unweit voneinander wohnen und sich öfters spontan zu einem Abendessen oder -getränk treffen, im Herbst ein Wochenende (Freitag bis Sonntag) in Friaul zu verbringen. Einer der acht war ich und da meine Frau und ich schon öfters in Friaul waren, bekamen wir die dankbare Aufgabe zugeteilt, das Wochenende zu organisieren.
Wirklich alle haben es zum vereinbarten Termin geschafft, sich das ausgesuchte Wochenende freizuhalten, dass unserer kleinen Reise fast nichts mehr im Wege stand. Fast, wenn da nicht das Einreiseformular für Italien wäre, wo man u.a. dazu lernt, dass der Grenzübergang, den man seit Jahrzehnten für die Einreise nach Italien benützt, gar nicht so heißt und man diesen nun anderslautenden Grenzübergang erst mühevoll in der Auswahlbox suchen muss. Das allgemein bekannte “Tarvis” lässt sich in der Auswahlliste nämlich nicht finden, sondern nur “Coccau". Hiebei handelt es sich um eine Fraktion der im italienischen Kanaltal gelegenen Gemeinde Tarvis... .
Auch haben wir die Erfahrung beim Anlegen unserer Daten in diesem großartigen Formular machen dürfen, dass ein Ausfüllen am Handy eher von Nichterfolg als von Erfolg gekrönt ist. Nicht alles ist für das gemacht, für das es scheint gemacht zu sein. Nachdem wir alle acht (“alle achtung!”...) schlußendlich die Bestätigung erhalten haben, dass unsere Registrierung erfolgreich abgeschlossen worden ist, kam die nächste Hürde auf uns zu. Klimafreundlich wollten wir nur mit zwei Autos fahren, aber da wir aus unterschiedlichen Haushalten kommen, musste gemäß der italienischen COVID-19 Bestimmungen von Oktober 2021 der Beifahrersitz frei bleiben. Also nur zu dritt und mit FFP2 Maske im Auto die Reise antreten oder alternativ eine Tropfschutzfolie zwischen Vorder- und Rücksitzen anbringen, die man aus Taxis kennt, dann wäre den aktuellen Covid-19 Bestimmungen genüge getan.
Wir haben auch dieses Problem meisterhaft gelöst und konnten sogar einigermaßen pünktlich starten. Unsere kleine Tour führte uns am ersten Tag nach Venzone (ca. 15 Minuten von der Autobahn entfernt). Ein sehenswerter mittelalterlicher Ort, der 1976 durch das damalige Erdbeben in hohem Maße zerstört worden ist und in einer beispiellosen Gemeinschaftsaktion wieder originalgetreu aufgebaut worden ist. Venzone bietet sich für einen Halt auf der Durchreise an, um sich ein wenig in den netten kleinen Gassen die Füße zu vertreten, die sehenswerten Kirchen „di Sant´Antonio Abate/Gleseute di San Antoni“ und „San Michele“ anzusehen und sich dann in einem Cafe zu stärken. Die Auswahl an Lokalen ist in Venzone überschaubar, aber man verhungert und verdurstet auf keinen Fall, was in Italien Touristen ohnehin selten passiert. Unsere Bestellung teilte sich in vier Café und vier Aperol auf, daraus kann die geneigte Leserschaft ableiten, dass es Fahrer und Beifahrerinnen gegeben hat. Venzone ist auch als „Lavendeldorf“ bekannt, weil zahlreiche Produkte, die mit Lavendel zu tun haben, im Ort angeboten werden. Eine für diese Gegend atypische Geschäftsidee, nämlich Lavendel in größerem Umfang in der Ungebung anzubauen, führte zu großem Erfolg und nachhaltig zu Lavendelduft im ganzen Ort.
Venzone:
Unser nächster Halt war im „Castello di Buttrio“, wo wir in der dortigen Osteria bei herrlichem Wetter mit traumhaften Ausblick auf das Colliogebiet unser Mittagessen einnahmen. Optional wäre auch noch eine Weinverkostung vor Ort möglich gewesen, wenn nicht das “Autofahren” wäre… . Danach ging es durch das Colliogebiet, um den heimatlichen Weinvorrat wieder ein wenig aufzustocken. Friaul zählt zu den sehr guten Weinregionen Italiens. Im Westen wird eher Weißwein angebaut, im Osten mehr Rotwein. Die mit Abstand häufigste Rebsorte im Friaul ist der weiße Friulano (früher Tocai), aber auch Ribolla Giallo, Picolit, Sauvignon Blanc oder Chardonnay finden dort ihre Verbreitung. Bei den Rotweinen stehen die Sorten Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot im Vordergrund und auf einer sehr kleinen Fläche wird der Schioppettino angebaut. Mit mehr Gepäck in Form von Weinkisten im Kofferraum ging es dann in Richtung unserer Unterkunft zu einem kleinen Agritourismo nahe Udine, wo wir die zwei Nächte verbracht haben.
Castello Di Buttrio:
Unser Abendessen fand dann in einem traditionellen Lokal in Fagagna nahe unserer Unterkunft statt, wo unsere Italienischkenntnisse auf dem Prüfstand waren. Man nahm sich bei der Bestellung aber sehr viel Zeit für uns, dass schlußendlich jeder von uns das bekommen hat, was er auch gemeint hat, bestellt zu haben. Fagagna ist nordwestlich von Udine gelegen und man hat bei Tageslicht einen wunderschönen Ausblick auf die umliegende Hügellandschaft. Der Ort zählt zu einer der schönsten Dörfer Italiens (“borghi più belli d'italia”). Dabei handelt es sich um eine Vereinigung, die Dörfer auszeichnet, die sich in besonderem Maße um die Erhaltung ihrer alten Kultur und Substanz bemühen. Aktuell gibt es in Friaul rd. 13 Dörfer, die diese Auszeichnung tragen dürfen. Mit meiner Frau habe ich nahezu alle schon gesehen und kann nur bestätigen, dass sie diesem guten Ruf alle gerecht werden. Jeder dieser kleinen Orte lohnt sich für einen Abstecher, auch die Ruinen der Burg von Fagagna sind sehenswert. Wir waren vor Jahren schon einmal dort, nur war diesmal unsere Ankunft erst nach Sonnenuntergang, da blieb uns nur gleich die Trattoria aufzusuchen, lag unsere letzte Stärkung ja schon so lange zurück… . Aber das muss man in Kauf nehmen, wenn sich acht kulinarisch interessierte Menschen zu einer kleinen Friaultour zusammenfinden!
Der nächste Tag verhieß wieder wunderschönes Wetter. Zur Auswahl stand entweder ein Kulturtrip in alte und kleine Dörfer Friauls oder der Küstenort Grado an der Adria. Es siegte der mögliche Strandspaziergang, die danach geplante kleine Tour durch die Altstadt von Grado und ein verlockendes Fischessen am Abend im Zentrum. Die Kultur sollte aber nicht ganz zu kurz kommen, so ging es zuerst noch nach Spilimbergo. Samstag ist in der „Mosaikhauptstadt“ Spilimbergo „Markttag“, was sich für die mitreisenden Ehefrauen natürlich als zusätzliches Asset herausstellte. Spilimbergo verfügt über einen historischen Ortskern, den man besser nicht mit dem Auto aufsuchen soll und schon gar nicht an Markttagen. Wir haben sogar am Rande des Zentrums einen kostenfreien Parkplatz gefunden. Besonders sehenswert ist der „Duomo di Spilimbergo“ und das Castello mit der bemalten und sehr gut erhaltenen Fassade. Auch hier lässt es sich in einem der kleinen Lokale gemütlich einen Kaffee oder Aperol bzw. ein Glas Friulano zu einem Tramezzini trinken. Am besten dorthin gehen, wo die lokale Bevölkerung sich gefunden hat! Sollte man Spilimbergo zu einer Zeit bereisen, in der die Mosaikschule geöffnet ist, lohnt sich ein Besuch, so es die jeweils aktuellen Bestimmungen zulassen. Sie ist meinem Wissen nach weltweit die einzige Mosaikschule und feiert 2022 ihr hundertjähriges Bestehen. Wir waren vor ein paar Jahren einmal dort, in den Gängen gibt es immer wieder kleine Ausstellungen und es waren auch Klassenzimmer offen, wo man den einen oder anderen Blick hineinwerfen durfte. Allerdings war unser Besuch vor COVID-19!
Spilimbergo
Zu Mittag ging es dann abermals ausreichend gestärkt nach Grado, wo wir aber nur zu sechst ankamen, weil für einen unserer Freunde drei Ladestationen für sein E-Auto in den Streik getreten sind und sich die Ladezeit bei der einzig verbliebenen, die damit ihrem Namen „Schnellladestation“ nicht mehr gerecht geworden ist, erheblich verlängerte. Das Gute für ihn bzw. eher für seine Frau: In der Nähe war ein großes Einkaufszentrum und sie hatten Stunden der Zweisamkeit, die sie darin verbringen „mussten“, Pardon „durften“.
Die restlichen sechs freuten sich dennoch auf Grado, das von einer bezaubernden Altstadt, einem langen Sandstrand mit flach abfallendem Wasser und einer naturbelassenen Lagune geprägt wird. Zu dieser Jahreszeit tummeln sich auch nicht allzu viele Touristen durch den Ort, der im Hochsommer natürlich mehr als gut bevölkert ist. Auf dem Weg nach Grado liegt nicht weit entfernt das kleine Dörfchen Strassoldo, das sich immer für einen kurzen Besuch auszahlt. Aber gegen einen azurblauen Himmel mit der Aussicht das Meer in Kürze zu sehen, hatte Strassoldo diesmal keine Chance. Für alle Leser*innen, die einmal eine ähnliche Tour planen sollten, anbei der link zu meinem Blogbeitrag über Strassoldo (Castello di Sopra).
Der sonnige Oktobertag mit rd. 20 - 22 Grad lud zu einem herrlichen Strandspaziergang ein; barfuß das Meer entlang zu spazieren, hat in dieser Jahreszeit schon etwas Besonderes. Mit unseren Schuhen in der Hand und aufgekrempelten Hosen schlenderten wir den Strand entlang und es gab sogar einen unter uns, der sich in die Fluten der Adria warf. Ok, Fluten ist etwas übertrieben, es waren sehr sanfte Wellen, die an diesem Tag am Strand ankamen, aber der Mut war bei der doch schon sehr niedrigen Wassertemperatur nicht übertrieben. Nachdem wir unsere Füße wieder vom Sand befreit haben, ging es am frühen Abend durch die Altstadt von Grado, wo wir noch bei angenehmen Temperaturen im Freien wunderbar Fisch gegessen haben. Danach ging es dann eine knappe Autostunde zurück zu unserer Unterkunft.
Grado
Dieses „kleine Programm“ kann ich für ein Wochenende in Friaul wirklich empfehlen, die Bilder anbei sollen das verstärken. Wenn man drei Tage Zeit hat, empfiehlt sich für den dritten Tag noch ein Spaziergang durch Udine und/oder Cividale, die nicht weit voneinander entfernt liegen. Beide Orte verdienen aufgrund ihrer zahlreichen Sehenswürdigkeiten aber einen eigenen Blogbeitrag! Auch sollte man unbedingt noch einen Einkauf in einer der zahlreichen netten Lebensmittelläden einplanen, gibt es trotz des mittlerweile auch in unseren Geschäften großen internationalen Angebotes zahlreiche regionale Köstlichkeiten, über die man sich dann zu Hause freuen kann und damit Erinnerungen an so nette Wochenenden, wie wir sie verbracht haben, wieder aufleben lassen.
Der guten Ordnung halber halte ich fest, dass die im Artikel genannten Empfehlungen meiner persönlichen Ansicht entsprechen und die Reise, Essen und Unterkunft selbst bezahlt worden sind.
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Volker Krause (Samstag, 06 November 2021 12:59)
Da wäre ich doch gern dabei gewesen! Gewohnt gute Fotos, ein klasse Reisebericht!
Bernd (Samstag, 06 November 2021 14:25)
Hallo Volker, Danke für Dein feedback! Ja, es war ein Wochenende, wo alles im positiven Sinne gepasst hat. Unsere nette Runde, die Orte, das Wetter, das Essen...!